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Homöopathie ist ein ganz spezielles Heilverfahren, das von dem Meißener Arzt Samuel Hahnemann (1755-1843) entdeckt wurde und in den letzten zwei Jahrhunderten verbessert und weiterentwickelt wurde. Hahnemann formulierte 1810 das von ihm beobachtete Heilgesetz: ‘Similia similibus curentur!’ - ‘Ähnliches werde mit Ähnlichem geheilt!’

Unter speziell von ihm zubereiteten Einzel-Arzneien versuchte er nach strengen und logisch nachvollziehbaren Kriterien diejenige herauszufinden, deren Wirkbild zu dem beim Patienten vorliegenden Krankheitsbild am besten passte. Er hatte herausgefunden, dass eine Arznei, die in großer Dosierung ein bestimmtes Krankheitsbild erzeugt, ein sehr ähnliches Krankheitsbild in winziger Dosierung zu beseitigen vermag.

Samuel Hahnemann im Alter von 87 Jahren. Eines der ersten Fotos überhaupt 
 

 

   Samuel Hahnemann 1842 im Alter von 87 Jahren.

   Erst kurz vorher war die Fotografie entdeckt worden!

Hahnemann war beim Übersetzen eines medizinischen Buches die Behauptung bitter aufgestoßen, Chinarinde könne Wechselfieber heilen, was seinem kritischen Geist nicht plausibel erschien. Kurzum schluckte er im Selbstversuch als Gesunder ein Stückchen Chinarinde - und bekam dem Wechselfieber ähnliche Symptome! Wörtlich schrieb er später in sein ‘Organon der rationellen Heilkunde’: “Wähle, um sanft, schnell, gewiß und dauerhaft zu heilen, in jedem Krankheitsfalle eine Arznei, welche ein ähnliches Leiden für sich erregen kann, als sie heilen soll.”

Am besten nachvollziehen lässt sich dieses ‘Ähnlichkeitsgesetz’ an einem kleinen Beispiel zum Selber-Ausprobieren:

Die unangenehme Nebenwirkung von zu viel Kaffeegenuss kennt jeder: Man schläft schlecht, ist nachts aufgeregt und hellwach, voller Gedanken und Pläne für den nächsten Tag, hat vielleicht Herzklopfen dazu, man schwitzt vermehrt und muss vermehrt zur Toilette. Das ist - in sehr kleinem, akutem Rahmen - das ‘Arzneimittelbild’ von Kaffee. Hat Hahnemann recht, müsste Kaffee also in kleiner Dosis bei ‘aufgeregter’ Schlaflosigkeit mit entsprechenden Körpersymptomen helfen.

Wann tritt so etwas überhaupt auf? Eine typische Situation ist beispielsweise die, wenn Sie morgen früh in Urlaub fahren wollen und vor Aufregung und Planungen nicht zur Ruhe kommen und Ihr Herz schon erwartungsfroh Kapriolen schlägt. Probieren Sie’s aus: Tunken Sie in der Nacht Ihre befeuchtete Fingerspitze in etwas Pulverkaffee und lecken Sie diese ab: In vielen Fällen schlafen Sie danach bald entspannt und tief. Ich kenne inzwischen viele, die diesen ‘Trick’ beherrschen und ihn seit Jahren in entsprechenden Situationen erfolgreich anwenden.

Wichtig ist, dass sich die Schlaflosigkeit ziemlich genau wie oben beschrieben gestaltet. Bei ungenauer ‘Arzneiwahl’, also wenn Sie aus Kummer, Überarbeitung, Schmerzen, gestörtem Tag-Nacht-Rhythmus oder vielen anderen Gründen nicht gut schlafen, oder wenn statt kaffeetypischer ‘Aufgekratztheit’ eine dösig-müde Schlaflosigkeit oder körperliches ruheloses Umherwälzen vorliegt, wirkt der ‘Kaffeetrick’ nicht. Wenn Sie am Tag zuvor zu viel Kaffee getrunken haben, also quasi ‘vergiftet’ sind, natürlich auch nicht: ‘Ähnliches werde mit Ähnlichem geheilt’, nicht ‘Gleiches mit Gleichem’!

Vor den Erfolg ist stets eine qualifizierte Arzneiwahl gesetzt! Das gilt schon für das gerade beschriebene winzig kleine ‘Kaffee-Syndrom’ und umso mehr für eine komplizierte langwierige Gesundheitsverstimmung!

Das Ähnlichkeitsprinzip bleibt jedoch auch bei der Behandlung chronischer Erkrankungen, deretwegen Sie einen Homöopathen aufsuchen, das gleiche. Bei der Behandlung Ihrer chronischen Erkrankung sucht er genau ‘Ihr’ Pflänzchen oder ‘Ihr’ sonstiges Mittel heraus. Je besser, tiefsinniger, prinzipieller das Wirkmuster der Arznei zu Ihrem Krankheitsmuster passt, desto tiefgreifender kann sie langfristig heilsame Veränderungen schaffen und umso länger ist der Zeitraum, über den sie (nach komplexen, aber erlernbaren Dosierungsregeln) immer wieder Wirkung zeigt.

Sie können sich vorstellen, dass die Arzneiwahl nicht immer einfach ist und neben dem glücklichen und geschickten Händchen Ihres Homöopathen auch Ihre Mitarbeit und wache Selbstbeobachtung von großem Nutzen sein können.

Den Begriff ‘Homöopathie’ entlehnte Hahnemann dem Griechischen. ‘Homoios' bedeutet ‘ähnlich’; wir Homöopathen versuchen ‘Ähnliches mit Ähnlichem’ zu behandeln. ‘Allos’  bedeutet ‘anders’: Allopathen sind Menschen, die ‘Gegensätzliches mit Gegensätzlichem’ zu behandeln versuchen. ‘Gegensätzliches mit Gegensätzlichem’ bedeutet: einen übersäuerten Magen mit alkalischem Magnesium-Aluminium-Schleim, Fieber mit Fiebersenkern, Entzündungen mit Entzündungshemmern usw. zu behandeln. ‘Pathos’ bedeutet ‘Unglück’ oder ‘Leiden’, man kennt es aus Worten wie ‘pathetisch’, ‘Pathologe’, oder ‘Psychopath’.

Wie läuft eine homöopathische Behandlung ab?

Sie vereinbaren mit dem Homöopathen/der Homöopathin (gilt fürs ganze Buch) Ihrer Wahl einen Termin zum Erstgespräch. Dieses dauert bei echter, guter Homöopathie immer mehr als eine Stunde, manchmal sogar deutlich länger - zeitliche Vorplanung ist also notwendig. Wählen Sie Ihren Behandler sorgfältig aus; schließlich wollen Sie mit ihm ein Stück gemeinsamen Weg zur Gesundheit gehen und möglichst keinen ‘Pfusch’ erleben. Es sollte auf jeden Fall ‘Klassische Homöopathie’ sein, praktiziert von jemandem, der diese als Kerntherapie ausübt und nicht neben vielen anderen Maßnahmen so nebenbei ‘auch’ noch ein bisschen.

In dieser so genannten ‘Erstanamnese’ wird der Homöopath ungewohnt viel über Sie erfahren wollen: Nicht nur Ihre aktuellen Beschwerden in aller Exaktheit, sondern auch Ihre und die Krankheitsvorgeschichte Ihrer Familie, Ihre typischen Begleitsymptome, Ihre Reaktionen auf Nahrung und Umwelteinflüsse ... .

Großen Raum nimmt das Verstehen Ihrer typischen Konfliktbewältigungsmuster (von Kindheit bis heute) ein, Ihrer seelischen Verletzungen in der Vergangenheit, Ihrer Ängste und Hoffnungen ... . Kurzum: Der Homöopath versucht Sie als ganzheitliches Wesen zu verstehen und zu erkennen, welche Merkmale in Ihrer Symptomatik auffallend, typisch und wiederkehrend sind.

Die Symptomenfülle nach 1½ Stunden Gespräch ist manchmal sehr groß: Es ist, als ob Sie drei Schachteln aus verschiedenen Puzzles auf einen Tisch zusammengekippt hätten. Die Aufgabe des Homöopathen ist nun, aus diesen tausend Fragmenten die aussagekräftigen Steinchen herauszulesen und daraus ein sinnvolles Bild zusammenzusetzen. Nicht einfach - und doch gelingt es oft recht gut, wenn auch manchmal erst nach aufwändiger, aber auch spannender Recherche, gelegentlich bis nach Feierabend.

Wenn Ihr Behandler ‘Ihre’ Arznei gefunden hat, teilt er Ihnen diese mit und Sie nehmen sie entsprechend seiner Vorgaben ein. Je nach Krankheitslage sehen Sie sich in der Regel nach einigen Wochen wieder und besprechen ausführlich den Verlauf. Der erfahrene Homöopath kann dann beurteilen, ob die Arznei ‘anschlägt’ und wird mit Ihnen das weitere Vorgehen besprechen

Diese zweite, ausführliche Sitzung ist unbedingt notwendig, denn reine Selbstbeobachtung ohne objektivierenden Behandler führt uns nicht selten an der Nase herum. Ich erlebe es oft in der Praxis, dass Patienten in ihrer Zweitsitzung zunächst berichten, es habe sich ‘gar nichts’ gebessert. Nach einer halben Stunde genauer Besprechung des Gesamtverlaufs wird dann sowohl ihnen als auch mir klar, dass auf ganz vielen Ebenen feine Fortschritte eingesetzt haben und ein Verweilen bei der Arznei Sinn macht.

Die meisten Heilungsprozesse beginnen subtil und gewinnen dann allmählich an Fahrt. Es ist wie beim Gärtnern: Erst nach 14 Tagen erkennt man bei genauem Hinsehen einen zarten Keimling. Man lässt man ihm Zeit und hegt und pflegt ihn. Nach und nach wird daraus eine kräftige, starke Pflanze. Die Großzahl aller Heilungen (wie übrigens auch die der meisten Krankheiten) läuft ganz unspektakulär an. Homöopathie ist eine leise, sanfte Methode.

Die höchste Tugend eines Homöopathen und Patienten ist, die Entfaltung eines Heilungsprozesses abwarten zu können und nur dann (aber dann auch wirklich!) zu intervenieren, wenn ein neuer Impuls notwendig wird. Natürlich gibt es in der Homöopathie auch die wundersamen, schnellen Heilungen, die gern in Büchern wie diesem aufgeführt werden, aber diese sind Ausnahme und Gnade für Patienten und Behandler.

Eine homöopathische Behandlung setzt sich bei günstigem Verlauf so fort, dass die Abstände zwischen den Terminen immer größer werden und diese schließlich nur noch bei Bedarf vereinbart werden. Entsprechend werden die Arzneigaben seltener.

... dies ist ein Ausschnitt aus der Broschüre (click)

"Klassische Homöopathie - Wieso? Weshalb? Warum?"

Sie können sie für 5 €uro hier (k.-j.mueller@t-online.de) oder im Buchhandel bestellen: ISBN 3-934087-32-9